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Gerichtsverfahren wegen Doppelmord an Kindern - Tat im Wahn?

Zwei kleine Kinder werden tot im Bett gefunden, die Mutter sitzt daneben - nun steht sie vor Gericht.  / Foto: Peter Kneffel/dpa
Zwei kleine Kinder werden tot im Bett gefunden, die Mutter sitzt daneben - nun steht sie vor Gericht. / Foto: Peter Kneffel/dpa

Zwei Kinder liegen erschlagen im Bett. Hat die Mutter im Wahn gehandelt? Darum geht es bei einem Prozess in Oberbayern, der erschütternde Details öffentlich macht.

Immer wieder fließen Tränen bei diesem Prozess am Landgericht Traunstein. Bei der Beschuldigten ebenso wie bei den Zeugen. Denn die Tat, um die es geht, ist erschütternd. Zwei sechs und sieben Jahre alte Kinder werden in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag 2024 erschlagen und liegen blutüberströmt im Schlafzimmer, die Mutter sitzt an der Bettkante. War es die 39-Jährige, die womöglich im Wahn gehandelt hat?

Vater ist Nebenkläger

Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau Mord im Zustand der Schuldunfähigkeit wegen einer paranoiden wahnhaften Störung vor, sie ist derzeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Blass und angespannt sitzt die zierliche Frau mit Fußfesseln zwischen ihren Verteidigern und wirkt, als könnte sie die Geschehnisse jener Nacht noch gar nicht so wirklich fassen. Äußern will sie sich nicht. Ihr gegenüber als Nebenkläger sitzt der Vater des sieben Jahre alten Mädchens und des sechs Jahre alten Buben. Anfangs noch gefasst, bricht auch ihm die Stimme, als er den Moment schildert, als Polizisten ihm die Nachricht vom Tod seiner Kinder überbrachten. 

Der Weihnachtsabend war der traurige Höhepunkt, auf den alles zusteuern sollte, diesen Eindruck erwecken die Zeugenaussagen. Arbeitskollegen, der Vater und eine Freundin zeichnen das Bild einer Frau, die fröhlich war, aber auch zunehmend mit Problemen kämpfte. Sie sei psychisch instabil gewesen, habe unter Ängsten gelitten, auch Alkohol sei zeitweise im Spiel gewesen. Ihren Kindern gegenüber sei sie aber fürsorglich und liebevoll gewesen. «Sie war eine Mutter, die das Beste für ihre Kinder wollte», formuliert es eine Freundin, die die Beschuldigte schon von klein auf kennt.

Ex-Partner: «Person der Extreme»

Mit dem Vater kam die Frau 2014 zusammen - eine Beziehung mit schönen Seiten, aber auch mit sehr vielen Konflikten, wie der 44-Jährige erklärte. Sie sei eine «Person der Extreme» gewesen. Im Dezember 2023 habe er sich von ihr getrennt. 

Mehrere Monate später spitzte sich die Lage den Aussagen zufolge zu. Sie habe erzählt, dass der Sechsjährige in seinem Kindergarten missbraucht worden sei, sagten mehrere Zeugen. Der Vater sagte, er habe diese Sorgen ernst genommen. Doch wie andere hatte auch er den Eindruck, dass die Anschuldigungen immer abstruser wurden. Zudem habe sie ihn mit Nachrichten auf dem Handy regelrecht bombardiert. 

Letztes Telefonat mit Kindern

An Heiligabend sprach der 44-Jährige seinen Angaben zufolge zum letzten Mal mit seiner Tochter und seinem Sohn, die den Tag mit der Mutter verbrachten. Er habe mit ihnen telefoniert, auch die 39-Jährige habe bei dem Gespräch ruhig und angenehm gewirkt. 

Stunden später mitten in der Nacht rief sie dann einen Arbeitskollegen an und bat ihn, zu kommen, wie der Mann aussagte. Er habe sich Sorgen gemacht und sei zu ihr gefahren. Über die offene Terrassentür sei er ins Haus gelangt. Im Schlafzimmer habe sie in sich zusammengesunken auf der Bettkante gesessen, dahinter hätten die Kinder gelegen, «erschlagen, alles blutverspritzt». Der Erzieher alarmierte die Polizei, Rettungskräfte versorgten die 39-Jährige, so dass sie wieder zu sich kam. Ein Polizist berichtete von einer blutverschmierten Axt, die in einer Ecke gestanden habe, womöglich das Tatwerkzeug.

Wieder ins Leben reinfinden

Der Vater leidet auch Monate später immer noch sehr unter der Tat. «Irgendwie gibt es ein Davor und ein Danach», räumte er im Prozess ein. Er sei in therapeutischer Behandlung, arbeite auch wieder und versuche, wieder ins normale Leben reinzufinden. «Das ist eine Mischung aus Ablenkung und Verarbeitung.» Auch dem Arbeitskollegen hat sich das Erlebte ins Gedächtnis eingebrannt: «Es wird immer besser, aber das triggert halt oft, wenn ich so kleine Kinder sehe.» Und ein Polizist, der nach dem Notruf gegen 3.30 Uhr am 25. Dezember unter den Ersten am Tatort war, bekennt: «Das ist der entsetzlichste Einsatz gewesen, den ich seit jeher erlebt habe.»

Bei dem Prozess handelt es sich um ein Sicherungsverfahren. Dabei geht es um die Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses. Auch wenn es keine Anklage wie in einem normalen Strafverfahren gibt, sondern eine Antragsschrift, wird solch ein Fall vor Gericht verhandelt.

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