Nachdem der Amokläufer von Ansbach aus der Forensischen Psychiatrie in Erlangen entwichen ist, hat die Polizei Opfer der Tat aus dem Jahr 2009 kontaktiert. In den Tagen nach dem Verschwinden des Mannes sei die Polizei auf mehrere Geschädigte zugegangen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken. Ihnen wurden demnach Hilfsangebote gemacht und Ansprechpartner vermittelt.
Der verurteilte Straftäter war am 16. August nach einem genehmigten Ausgang nicht zurückgekommen, die Polizei fahndet mit einem europäischen Haftbefehl nach ihm. Nach Einschätzung der behandelnden Klinik geht von dem 34-Jährigen keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus. Wo sich der Mann derzeit aufhält, ist nicht bekannt.
Unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie
Als damals 18-Jähriger hatte er 2009 bei einem Amoklauf in einer Schule in Ansbach neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. 2010 war er wegen versuchten Mordes in 47 Fällen zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Eine Jugendkammer hatte zudem die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet.
Seit Beginn des Jahres durfte der 34-Jährige als Teil der Therapie regelmäßig die Forensische Psychiatrie zu Tagesausgängen verlassen, wie eine Kliniksprecherin mitgeteilt hatte. Bislang habe es dabei keine Vorkommnisse oder Beanstandungen gegeben. Während seiner Unterbringung hat er laut der Sprecherin eine Frau über das Internet kennengelernt.
Die Staatsanwaltschaft Ansbach bestätigte, dass es einen Kontakt nach München gab, der überprüft werde. Nähere Angaben wollte ein Sprecher aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen.
Anwalt: Er machte Fortschritte bei seiner Therapie
Laut dem Rechtsanwalt David Mühlberger, der den 34-Jährigen vertritt, hatte der Mann zuletzt Fortschritte bei seiner Therapie gemacht und wäre voraussichtlich 2027 entlassen worden. Gründe für das Verschwinden des Mannes könnten aus Sicht von Mühlberger Verzweiflung und Misstrauen gegenüber dem Maßregelvollzugssystem sein. In seiner bisherigen Unterbringung habe der Mann nie ein Delikt begangen. Zugleich habe er über Jahre keinen Ausgang bekommen, auch wenn ein Gutachten dies bereits 2020 empfohlen habe, sagte Mühlberger.
Wird der 34-Jährige gefasst, muss er laut Staatsanwaltschaft mit einer Rücknahme sämtlicher Lockerungen rechnen. Eine Entlassung bereits in wenigen Jahren ist auch nach Erwartung seines Anwalts nach diesem sogenannten Lockerungsmissbrauch erst mal vom Tisch.
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