Es gibt keine Zeugen der Tat, und auch die Tatwaffe konnte nicht eindeutig bestimmt werden. Dennoch sind die Richter vor dem Landgericht Regensburg überzeugt, dass der 51 Jahre alte Angeklagte seinen Onkel getötet hat. Die Kammer verurteilte den Mann zu lebenslanger Haft wegen Mordes und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Neffe den 73-Jährigen im Mai 2023 mit «äußerster Brutalität» erschlagen hat, nachdem dieser ihm den Mietvertrag gekündigt hatte. Der Neffe lebte seit November 2021 im Haus seines Onkels in Mintraching (Landkreis Regensburg) in der Wohnung im Obergeschoss.
Der Kammer zufolge hat der Neffe die Mordmerkmale Heimtücke, niedere Beweggründe und Verdeckungsabsicht erfüllt. Er habe die Tat geplant, für sich ein aufwendiges Alibiszenario zu entwerfen versucht und dabei punktuell Täterwissen offenbart. Zudem habe er bei Befragungen durch die Polizei widersprüchliche Angaben gemacht. Mit dem Urteil folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Zu Prozessbeginn hatte der Angeklagte die Tat abgestritten.
Kränkung und Rache
Motiv für die Tat seien Kränkung und Rachebedürfnis gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Der Angeklagte habe narzisstische Züge und sei leicht kränkbar, das sei auch nach der Trennung von seiner Frau so gewesen. Zur Vergeltung habe er ihr nachgestellt, es sei ihm ein Kontaktverbot auferlegt worden. In diesem Zusammenhang habe der Mann seinen Onkel im Sommer 2022 um ein Alibi gebeten, das dieser ihm gegeben habe - wissend, dass die Zeitangaben nicht stimmten.
Der Angeklagte habe sich wegen der Kündigung machtlos gefühlt - auch deshalb, weil er fürchtete, der Onkel könnte das Alibi zurücknehmen, sollte er juristisch gegen die Kündigung vorgehen. Zwischen den Männern soll es auch Reibereien wegen unterschiedlicher Auffassungen von Ordnung gegeben haben. Der Senior habe letztlich gewollt, dass seine Tochter in die Wohnung einzieht, damit diese sich in Zukunft um ihn kümmern könnte.
Dem Vorsitzenden Richter zufolge wusste der Angeklagte, dass es sich bei den Reibereien um Lappalien handelte und die Kündigung der Wohnung ein verständliches Motiv hatte. Für den Neffen sei es aber ein unverzeihlicher Affront gewesen, erst gegängelt und dann vor die Tür gesetzt zu werden - und dem aus Sorge um sein Alibi überdies nichts entgegensetzen zu können.
Tatwaffe mit Folie umwickelt
Um sich zu rächen und das Alibi zu sichern, habe der Mann den Mord an seinem Onkel geplant. Dafür habe er einen Hammer oder ein Beil mit Folie umwickelt, um Spuren zu verschleiern, dem Onkel im Hausflur aufgelauert und ihn mit 13 Schlägen gegen den Kopf niedergestreckt. Der Senior starb am Tatort.
Anschließend fuhr der Neffe nach Überzeugung der Kammer an seinen Arbeitsplatz, sprach gezielt Kolleginnen an, um als anwesend wahrgenommen zu werden, kaufte im Supermarkt ein und fuhr abends in einen Biergarten.
Im Haus soll er die Terrassentüre offen stehen gelassen haben, um den Fund des Toten in seiner Abwesenheit zu ermöglichen. Jedoch sei der Onkel bis zu seiner Rückkehr aus dem Biergarten gegen 22.00 Uhr noch nicht entdeckt worden, so dass er selbst einen Notruf absetzte.
Die Zeitangaben des Angeklagten für den Verlauf des Tages stimmten allerdings unter anderem nicht mit Handyauswertungen überein. Zudem passe die Tat zur Persönlichkeit des Mannes, sagte der Vorsitzende Richter und stellte klar: Für Zweifel sei kein Raum.
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